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Prüfungskandidaten in den juristischen Staatsexamen haben nach einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 30.11.2022 (BVerwG 6 C 10.21) einen Anspruch auf eine kostenlose Kopie ihrer Examensklausuren.
Bei den schriftlichen Prüfungsleistungen handele es sich um personenbezogene Daten im Sinne der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Ein Anspruch auf kostenlose Zurverfügungstellung der Kopien, gegebenenfalls auch auf elektronischem Weg, ergebe sich daher aus Art. 15 Abs. 1, Abs. 3 i.V.m. Art. 12 Abs. 5 DSGVO.
Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vollzieht insoweit eine Entscheidung des EuGH aus dem Jahr 2017 nach (EuGH, Urt. v. 20.12.2017, C 434/16, Nowak vs. Data Protection Commissioner). Einige Bundesländer (z.B. Hessen, Rheinland-Pfalz) hatten die Entscheidung des EuGH bereits umgesetzt, das beklagte Land NRW allerdings nicht.
Die Entscheidung bringt für Studierende und Referendare endlich Klarheit in diesem Punkt. Eine Einschränkung ist allerdings, dass es sich anders als bei den schriftlichen Klausurleistungen und den Bewertungen der Prüfer bei den Aufgabentexten nicht um personenbezogene Daten im Sinne der DSGVO handelt. Die weitere Entwicklung bleibt insoweit abzuwarten.
Wichtig zu wissen ist in diesem Zusammenhang, dass neben dem Anspruch aus der DSGVO das Recht auf Akteneinsicht im Widerspruchsverfahren und das prüfungsrechtliche Akteneinsichtsrecht nach der jeweiligen Prüfungsordnung bestehen bleiben. Jedenfalls im Widerspruchsverfahren ist eine sinnvolle Interessenvertretung ohne Einsicht in die Aufgabentexte nicht möglich, so dass auf diesem Weg ein Anspruch geltend gemacht werden kann.
Als weitere Konsequenz ergibt sich für die Prüfungsämter, dass Examensklausuren künftig allgemein dem hohen Schutzniveau der DSGVO entsprechend behandelt werden müssen. Dies betrifft etwa auch den internen Umgang mit den Klausuren.
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LTO – Prüfungsämter müssen Examensklausuren kostenlos kopieren (Artikel v. 1.12.2022)
BVerwG, Urt. v. 30.11.2022, 6 C 10.21 – Pressemitteilung v. 1.12.2022
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